Es war DAS Internetereignis der letzten zwei Wochen. Die Bundeskanzlerin begibt sich ins „Neuland“ und lässt sich von Florian Mundt (aka. LeFloid), einem der bekanntesten deutschen YouTuber, interviewen. Im Vorhinein konnten auch alle Interessierten an den Vorbereitungen zum Interview teilnehmen. Unter dem Hashtag „#NetzFragtMerkel“ konnte man Fragen posten, die LeFloid im Interview der Bundeskanzlerin stellen sollte. Diese ganze Initiative ist übrigens Teil der „Gut leben in Deutschland“-Kampagne der Bundesregierung. Eine Initiative, die verstärkt den Bürgerdialog fördern soll. Kein Wunder also, dass LeFloid hier in seiner Funktion als YouTuber mit seiner immensen Reichweite gerade in einem jüngeren Alterssegment interessant für die Bundesregierung ist.
Gestern war es dann so weit: 30 Minuten lang durfte LeFloid das deutsche Staatsoberhaupt mit persönlichen Fragen und natürlich den zugesendeten Fragen aus dem Netz behaken. Die Themen waren vielseitig: Fremdenfeindlichkeit, Bildung, das transatlantische Freihandelsabkommen und einige weitere Themen wurden vom YouTuber angesprochen.
Nun ist das Interview vorbei und an allen Ecken und Enden werden die Resumés gezogen. Heute morgen las ich noch einen Kommentar einer Zeitung (finde den Artikel nicht mehr, sonst hätte ich ihn verlinkt) in dem sinngemäß stand, dass es auch LeFloid nicht geschafft hätte, der Kanzlerin eine überraschende Antwort abzuringen, und dass es lediglich ein „normales Interview“ gewesen wäre. Und tatsächlich scheinen die Antworten der Kanzlerin im Interview wenig überraschend, wenn auch die ein oder andere Aussage anders oder eventuell sogar deutlicher formuliert wurde.
Meine Meinung dazu: Das Interview war ein richtiger Schritt in eine richtige Richtung. Meines Erachtens war der Anspruch dieses Formates nicht, dass Mundt der Kanzlerin nun die neuesten Staatsgeheimnisse aus der Nase zieht. Und ich halte es auch für etwas naiv so etwas zu glauben bzw. zu erwarten – immerhin handelt es sich bei LeFloid nicht um einen knallharten Alt-Journalisten, der tagtäglich die größten Staatsmännern der Welt zu tun hat. Es handelt sich um einen Mitte 20-jährigen Typ, der mit YouTube sein Hobby zum Beruf machte und lustige Videos in seinem Zimmer produziert. Punkt.
Der eigentliche Anspruch dieses Termins war meines Erachtens ein anderer. Politik sollte in eine Zielgruppe getragen werden, die sich ansonsten nur bedingt mit diesem Thema auseinandersetzt. Eben die Zielgruppe der Zuschauerschaft von LeFloid. Und das auf eine Art, die dieser Zielgruppe gerecht wird: sympathisch, bürgernah und mit Themen, die diese Zielgruppe auch interessiert. Ein gutes und wichtiges Ziel, denn gerade hinsichtlich politischer Aufklärung und der in Deutschland allgegenwärtigen Politikverdrossenheit ist es definitiv wichtig, schon ein jüngeres Publikum an dieses Thema heranzutragen.
Lediglich beim Punkt „für die Zielgruppe interessante Themen“ würde ich eine kleine Kritik ansetzen wollen, die allerdings etwas aus der Charakteristik von LeFloid entsteht. Ich kenne die demographischen Eigenschaften von LeFloids Community nicht, aber ich vermute, dass es sich dabei vornehmlich um eine Zielgruppe von 13 – 20 Jahren handelt. Tendenziell wahrscheinlich noch etwas jünger. LeFloid selbst ist allerdings 28, ehemaliger Student und daher in einer gänzlich anderen Lebensphase, wie viele seiner Zuschauer. Themen, wie das schon angesprochene Freihandelsabkommen und generell die aufgeklärte Art LeFloids, stehen daher wahrscheinlich eher nicht im Einklang mit dem, was seine Fans durch seine sonstigen Videos von ihm erwartet haben.
Mein Fazit trotz allem: Sehr gutes Format mit einem tollen Job von LeFloid, der meine Erwartungen übertroffen hat. Das Ziel, jüngere Menschen an die Themen und die Person Angela Merkel heranzuführen sollte geglückt sein. Gerne mehr in diese Richtung!