Letzten Freitag hat Merkel über Nachhaltigkeit und Klimaschutz geredet, der Papst vor ihr auch schon und beim Staatstreffen der USA und China haben beide festgehalten, dass ihre Länder zusammen für den Großteil der Emissionen verantwortlich sind und auch mehr fürs Klima tun müssen. Kurz vor und während Konferenzen, wie jetzt zur Nachhaltigkeit in New York oder die Klimakonferenz Ende des Jahres in Paris, häufen sich immer solche Reden und Ankündigungen.
Da fand ich eine Meldung über einer Neuentwicklung der Michigan State University ziemlich cool, was man tatsächlich ändern könnte: Hier hat ein Team eine vollkommen durchsichtige Solarzelle entwickelt. Die Idee dazu kam von der grundsätzlichen Überlegung, dass Hochhäuser wesentlich mehr Fenster- als Dachfläche haben. Der Ansatz ist vor allem interessant, da Hochhäuser ja auch den Ruf haben, bei der Energiebilanz ziemlich arm auszusehen – zumindest beim Höchsten, dem Burj Khalifa in Dubai, ist das auch wirklich wahr: Sein Energieverbrauch entspricht umgerechnet 5000 Energiesparlampen in jeder seiner 800 Luxuswohnungen. Das macht seine Besitzer zwar nicht arm ist aber trotzdem nicht wirklich klimafreundlich. Gleichzeitig ist der Burj Khalifa das beste Beispiel dafür, was anders laufen könnte. Natürlich sieht nicht jedes Zimmer darin aus wie ein überfüllter Lampenladen, aber Vollverglasung in der Wüste verlangt eben eine gigantische Klimaanlage. Würde man hier nun die Fenster durch die vollkommen durchsichtigen Solarzellen aus Michigan ersetzen, würde man nach wie vor Energie verbrauchen, aber die Quelle wäre nicht mehr das Öl aus dem Wüstensand, sondern würde umweltfreunlich vom Haus selbst produziert.
Nachdem die Idee, wie ich finde, schon mal ziemlich überragend ist, hat sich mir die Frage gestellt, wie sie eigentlich funktioniert und das ist zumindest mal in der Theorie relativ einfach zu verstehen.
Damit etwas durchsichtig erscheint muss es das gesamte sichtbare Lichtspektrum hindurchlassen, sprich alle Farben, egal welche Wellenlänge, von Lila bis Rot (etwa 400-650 Nanometer, wer‘s genau wissen will). Alles muss durch, andernfalls würde es logischerweise verfärbt erscheinen, wie beispielsweise eine Sonnenbrille. Solche halb-transparenten Solarzellen gibt es ja auch bereits. Um sie vollkommen transparent zu bekommen bedienen sich die Entwickler aber einer anderen Idee. Sie verwenden nur das Licht, dass das menschliche Auge sowieso nicht sehen kann, also Infrarot bzw. Ultraviolett (und wieder, wer‘s genau wissen will, kürzer als 400 nm bzw. länger als 650 nm). Im Fenster sind nun Salzkristalle eingefügt, welche dieses Licht welches Licht? Das Infrarot? Oder das, das wir sehen können?einfangen und dann im Glas zu den Seiten umleiten. Im Rand des Glases sind dann die eigentlichen „herkömmlichen“ undurchsichtigen Solarzellen, welche sie Sonnenenergie in Strom umwandeln.
Jetzt komm ich mir etwas vor wie mein alter Physiklehrer, hoffe aber, dass der Anteil derer, die verstanden haben, was ich hier erklärt habe, höher ist als der in meiner ehemaligen Klasse. Für alle, die mir bis hierher folgen konnten, also hoffentlich alle, noch ein kleiner Haken an der Sache: der Wirkungsgrad, also zu welchem Prozentsatz die „reingehende“ Energie in die „rauskommende“ umgewandelt werden kann. Während normale Solarzellen einen Wirkungsgrad von 10-20% haben, haben die ersten Prototypen der neuen transparenten Solarzelle lediglich 1% und die Forscher rechnen mit 5% bei weiteren Versionen .– Klingt nach viel weniger, ist es erstmal natürlich auch, allerdings sind die Anwendungsmöglichkeiten, man denke an die Fensterfläche des Burj Khalifas in Dubai, viel größer. Angedacht ist auch, solche Gläser für Smart Phones oder Tablets zu entwickeln, damit werden diese zwar noch nicht zum Perpetuum Mobile und ladekabelunabhängig, mehr Akku-Laufzeit ist aber garantiert.
Allein wird diese Technologie vermutlich auch nicht das Klima retten, aber in der Masse ist es ein Baustein, der durchaus verändern kann. Und das ganz ohne Verzicht oder eine Veränderung der eigenen Gewohnheiten.
Anschauen, verstehen und gut finden.
via techfieber